21.4.2020

Politik greift tarifliche Prämie für Beschäftigte in der Altenpflege auf

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil setzt sich für Sonderzahlungen ein –

BVAP fordert verlässliche Finanzierung

Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird momentan die Zahlung einer Sonderprämie diskutiert, die aufgrund der besonderen Belastung der Beschäftigten in der stationären Langzeitpflege und der ambulanten Pflege in der Corona-Krise gezahlt werden soll.

In einer Sitzung am vergangenen Freitag folgte man weitestgehend den Eckpunkten eines Tarifvertrags, auf den sich die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) – der der DDN angehört – und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di am 6. April 2020 geeinigt hatten. Beschäftigte in Vollzeit erhalten danach mit dem Juli-Gehalt eine Sonderzahlung in Höhe von von 1.500 Euro, Teilzeitbeschäftigte einen Anteil entsprechend ihren tatsächlich geleisteten Stunden. Die Prämie soll an Pflegefachkräfte, Pflegehilfskräfte und Pflegeleitungen sowie Alltagsbegleiterinnen und -begleiter, Betreuungskräfte und Assistenzkräfte gezahlt werden. Auszubildende in der Pflege sollen eine Prämie von 900 Euro erhalten.

„Wir unterstützen insbesondere die Forderung des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil nach einer bundeseinheitlichen Regelung. Der Bonus sollte an alle Pflege-Beschäftigten als Anerkennung für ihre wichtige Arbeit gezahlt werden, unabhängig in welchem Bundesland oder bei welchem Pflegeanbieter sie arbeiten. Einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag sehen wir hierfür als richtigen Weg, auch für eine dauerhafte Anhebung des Entgeltniveaus in der Pflege“, sagt Ulrich Bauch, Vorstandsmitglied der BVAP.

„Als Tarifpartner fordern wir jetzt eine schnelle und verlässliche Refinanzierung, damit der Bonus zeitnah an die Beschäftigten ausgezahlt werden kann. Die zusätzlichen Aufwendungen dürfen keine Erhöhung der von den Pflegebedürftigen zu tragenden Eigenanteile zur Folge haben“, ergänzt Rüdiger Becker, DDN-Vorsitzender und BVAP-Vorstandsmitglied. Eine finanzielle Belastung der Träger von Einrichtungen und Diensten sei verbindlich zu vermeiden und die zeitnahe Zahlung der Mittel an die Unternehmen sicherzustellen, um ihre Liquidität zu gewährleisten. „In der aktuellen Krise haben auch die Pflegeanbieter nur begrenzte Mittel zur Verfügung. Zusammen mit der Politik, Gewerkschaften und weiteren Arbeitgebern wollen wir hierfür einen konstruktiven Weg finden,“ so Becker.

„Wir beraten darüber, dass die Sonderzahlungen in einer fairen Art und Weise refinanziert werden“, erklärte Bundesarbeitsminister Heil dazu. Es gebe schon Bundesländer, die sich engagierten. „Ich möchte, dass wir das bundeseinheitlich regeln“, sagte Heil am Wochenende gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Das Bundesfinanzministerium ermöglicht es Arbeitgebern, ihren Arbeitnehmern zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise Sonderzahlungen bis zum 1.500 Euro im Jahr 2020 aufgrund der außergewöhnlichen Situation steuer- und sozialversicherungsfrei zu gewähren („Corona-Beihilfe“). Ein Schreiben des Ministeriums vom 9. April 2020 erläutert die Voraussetzungen. Mit der Umsetzung des zwischen BVAP und Ver.di ausgehandelten Tarifvertrags wäre die Grenze des Freibetrags ausgeschöpft.

Für Träger von Altenpflegeeinrichtungen unter den DDN-Mitgliedern empfiehlt es sich zum jetzigen Zeitpunkt, von freiwilligen Leistungen abzusehen, erklärt DDN-Geschäftsführer Robert Johns: Der Tarifvertrag stehe unter dem Rechtsvorbehalt einer verbindlich geltenden Refinanzierungsregelung durch staatliche Stellen oder Kostenträger, die bisher nicht erlangt werden konnte. „Falls der Tarifvertrag der BVAP mangels Refinanzierung keinen Bestand hat, bleibt immer noch Raum für freiwillige Leistungen“, so Johns, und weiter: „Vielleicht trägt die Initiative von BVAP und Ver.di ja auch dazu bei, dass nicht nur für Altenpflegeeinrichtungen, sondern für Krankenhäuser und viele weitere Bereiche der Daseinsvorsorge eine staatlich finanzierte Corona-Anerkennungsprämie für die wahren Leistungsträger in dieser Krise geregelt wird.“ Dies hatte Heil angedeutet: „Es soll zeitnah einen Bonus geben für die, die in der Pflege arbeiten“, so der Arbeitsminister. Sie hätten „mehr verdient als Applaus und warme Worte.“

BVAP-Vorstandsmitglied Gero Kettler wies darauf hin, dass die Prämie eine Anerkennung der besonderen Belastung in dieser Krise sei und keineswegs eine angemessene Vergütung für die auch im Alltag verantwortungsvolle, oft belastende und zu schlecht bezahlte Arbeit ersetze. Deshalb werde die BVAP weiter daran arbeiten, einen Tarifvertrag abzuschließen, der auf alle Arbeitgeber erstreckt werden soll.