17.10.2014

Bundestag reformiert die Pflegeversicherung

Anerkennung von tariflicher sowie entsprechender kirchenarbeitsrechtlicher Entlohnung der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen durch die Kostenträger bei Vergütungsverhandlungen der Pflegeeinrichtungen wird sichergestellt.

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von Union und SPD und gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am Freitag, 17. Oktober 2014, das erste Pflegereformgesetz (18/1798) in der vom Gesundheitsausschuss veränderten Fassung (18/2909) gebilligt. Das Gesetz sieht verbesserte Leistungen für Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegekräfte vor. Zudem greift ab 2015 ein einmaliger Inflationsausgleich in Höhe von vier Prozent. Um die höheren Ausgaben zu finanzieren, wird der Beitrag zur Pflegeversicherung Anfang nächsten Jahres um 0,3 Prozentpunkte auf dann 2,35 Prozent (2,6 Prozent für Kinderlose) erhöht. Mit dem zweiten Reformgesetz soll der Beitrag nochmals um 0,2 Punkte steigen. Dadurch werden rund sechs Milliarden Euro mehr pro Jahr in das Pflegesystem investiert.

Das Gesetz enthält eine gesetzliche Klarstellung der Wirtschaftlichkeit von Tariflöhnen bei Pflegevergütungsverhandlungen einschließlich Überprüfungsmöglichkeit der Kostenträger zur tatsächlichen tariflichen Bezahlung der Pflegekräfte. Hierzu findet sich in der Beschlussempfehlung zu Erstes Pflegestärkungsgesetz, BT-Drucksache 18/2909, S. 43 folgendes:

Zu Nummer 24a – neu – (§ 84 Absatz 2 Satz 5 und Absatz 7 SGB XI) und

Zu Nummer 26a – neu – (§ 89 Absatz 1 Satz 3 bis 5 und Absatz 3 Satz 4 SGB XI)

… Bei Vergütungsverhandlungen der Pflegeeinrichtungen wird damit die Anerkennung von tariflicher sowie entsprechender kirchenarbeitsrechtlicher Entlohnung der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen durch die Kostenträger einschließlich der Träger der Sozialhilfe sichergestellt. Die Änderung folgt der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (zuletzt mit Urteil vom 16. Mai 2013, Aktenzeichen B 3 P 2/12 R) und geht noch darüber hinaus, indem die Wirtschaftlichkeit der Entlohnung der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen auf Grundlage von wirksamen und vollzogenen Tarifverträgen sowie entsprechender kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen für die Pflegesatz- bzw. Pflegevergütungsverhandlungen gesetzlich festgeschrieben wird. Für Pflegeeinrichtungen sollen damit Anreize gesetzt werden, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend zu entlohnen. Um sicherzustellen, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der vereinbarten Pflegesatz- bzw. Pflegevergütung und den tatsächlichen Leistungen der Pflegeeinrichtung während der gesamten Laufzeit der Vergütungsvereinbarung gewährleistet ist, muss den Kostenträgern das Recht eingeräumt werden, von den Trägern der Pflegeeinrichtungen Nachweise zu verlangen, dass die finanziellen Mittel auch tatsächlich bei den Beschäftigten in Höhe der tariflichen bzw. der kirchenarbeitsrechtlichen Entlohnung ankommen. Um diesen Aspekt für die Dauer der Pflegesatzvereinbarung im stationären Bereich überprüfbar zu gestalten, wird in § 84 Absatz 7 eine solche Möglichkeit eingefügt, die über den Verweis in § 89 Absatz 3 auch für die Pflegevergütungsvereinbarung der ambulanten Pflege eröffnet ist. Die Anforderung der tatsächlichen tariflichen bzw. kirchenarbeitsrechtlichen Vergütung des Personals grenzt diese Regelung zu rein kalkulatorischen Pauschalen ab. Durch die Verpflichtung zur Einhaltung der zu Grunde gelegten Tarifbindung soll gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet werden, im Falle der Nichteinhaltung durch die Einrichtung eine Kürzung der Pflegevergütung für die Dauer der Pflichtverletzung unabhängig vom Vorliegen und des Nachweises eines konkreten Qualitätsdefizits nach § 115 Absatz 3 herbeizuführen. Um den Nachweis praktikabel und zielführend auszugestalten, sind die Rahmenvertragspartner nach § 75 auf Landesebene aufgefordert, die nähere Ausgestaltung des Verfahrens festzulegen.