21.1.2016

Tarifausschuss lässt Fachkräfteinitiative der Tarifpartner in der Altenpflege scheitern

Hannover – Am 21. Januar 2016 hat der Tarifausschuss des Landes Niedersachsen eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des von den freien Wohlfahrtspflegeeinrichtungen mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen „Tarifvertrags über die Ausbildungsbedingungen in der Altenpflege Niedersachsen vom 16.02.2015" abgelehnt. Gemäß dem Tarifvertragsgesetz ist dem Land Niedersachsen nun die Verfügung verwehrt, das künftig alle Altenpflegeschülerinnen und –schüler in Niedersachsen ein Ausbildungsentgelt in Höhe des tarifvertraglich vereinbarten Niveaus erhalten müssen. Hierdurch wäre landesweit die Attraktivität einer Altenpflegeausbildung gesteigert worden.

Sichtbar verärgert kommentiert der Vorsitzende des Diakonischen Dienstgeberverbandes Niedersachsen (DDN) Rüdiger Becker die Entscheidung: „ Mit ihrer Zustimmungsverweigerung haben die mit Nein stimmenden Tarifausschussmitglieder ihre gesellschaftliche Verantwortung ignoriert. Sie haben ihre Ideologie eines unbegrenzt freien Marktes über die Notwendigkeit zur Steigerung der Attraktivität der Ausbildungsbedingungen in der Altenpflege gestellt. Wir sind nicht gegen den Wettbewerb auch in der Sozialwirtschaft. Aber im Bereich der Ausbildung macht Lohnkostenwettbewerb nun wirklich wenig Sinn und schadet der Allgemeinheit.“

Der „Themenreport Pflege 2030“ der Bertelsmann Stiftung prognostiziert bis zum Jahr 2030 eine drohende Versorgungslücke von rund 50.000 Pflegefachkräften allein in Niedersachsen. In einem vom Land Niedersachsen in Auftrag gegebenen Gutachten war festgestellt worden, dass bereits bis einschließlich 2020 die Zahl der Ausbildungsabsolventen unter den gegebenen Rahmenbedingungen voraussichtlich nicht mehr ausreichen wird, um den jährlich neu entstehenden Fachkräftebedarf in der Altenpflege zu decken und dass deshalb dringend bei den Schulabsolventen die Berufswahlneigung für den Altenpflegeberuf gesteigert werden muss.

Der „Tarifvertrag über die Ausbildungsbedingungen in der Altenpflege Niedersachsen vom 16.02.2015" garantiert Altenpflegeschülern Ausbildungsentgelte in den Ausbildungsentgelten der Krankenpflegeschüler in öffentlichen Krankenhäusern entsprechender Höhe. Das sind je nach Ausbildungsjahr zwischen 975 € und 1138 € monatlich. Demgegenüber war in der öffentlichen Anhörung des Tarifausschusses berichtet worden, dass bei einigen privat-gewerblichen Altenpflegeträger die Ausbildungsvergütungen sogar unter 600 € im Monat liegen.

„Wenn wir nicht ganz schnell wesentlich mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Altenpflege gewinnen, werden die heute 50, 60 oder 70-Jährigen im Fall einer Pflegebedürftigkeit wegen des Fachkräftemangels keine hinreichend fachlich qualifizierte Pflege erhalten können. Gemeinsam wollten die Freie Wohlfahrtspflege und ver.di dieser Gefahr in einem ersten Schritt durch besonders attraktive Ausbildungsbedingungen begegnen. Die niedersächsische Landesregierung hatte uns ihre Unterstützung hierbei zugesagt. Durch Ablehnung der Allgemeinverbindlichkeit unseres Tarifvertrags hat der Tarifausschuss das nun weitgehend verhindert“ bedauert der DDN-Vorsitzende.

Nach der Ablehnung der Allgemeinverbindlichkeit muss nun nur in weniger als einem Drittel der Altenpflegeausbildungsbetriebe das tarifvertraglich garantierte Ausbildungsentgelt bezahlt werden.

Im Diakonischen Dienstgeberverband Niedersachsen e.V. (DDN) sind zurzeit über 180 zum großen Teil in der Altenpflege tätige diakonische Einrichtungen mit mehr als 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengeschossen.

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