02.6.2014

LAG-Berlin: Keine Diskriminierung durch Erfordernis der Kichenzugehörigkeit

LAG Berlin-Brandenburg hebt Urteil des AG Berlin über Diskriminierung durch Forderung der ACK-Mitgliedschaft auf.

Das LAG Berlin-Brandenburg am Mittwoch, den 28.05.2014 entschieden, dass schon der Wortlaut des § 9 AGG es deutlich mache, dass eine Anforderung an eine Stelle bei einem kirchlich/diakonischen Träger es nach dem kirchlichen Selbstverständnis und dem Selbstbestimmungsrecht grundsätzlich möglich mache, ein evangelisches Bekenntnis zu verlangen. Ein anderes Verständnis dahingehend, dass die Tätigkeit verkündigungsnah sein müsse, lasse sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Wie bekannt, hatte das Arbeitsgericht Berlin Ende letzten Jahres entschieden, dass ein diakonischer, d.h. zur Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gehören der Arbeitgeber eine Stellenbewerberin zu Unrecht wegen ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert habe. Arbeitgeber dürften konfessionslose Bewerber bei der Besetzung von Stellen mit "weltlichen" Arbeitsaufgaben nicht benachteiligen (ArbG Berlin, Urteil vom 18.12.2013, 54 Ca 6322/13). Zwar könnten kirchliche Arbeitgeber Bewerber in bestimmten Fällen trotz § 9 AGG wegen ihrer Religion oder Weltanschauung bevorzugen oder benachteiligen. Dieses Recht bestehe aber nur bei der Vergabe von Stellen, bei denen es auf die Religion ankomme. Dieses Sonderrecht hatte das Arbeitsgericht Berlin dem EWDE abgesprochen, weil die ausgeschriebene Stelle mit der Verkündigung des christlichen Glaubens wenig bis nichts zu tun habe. Werde eine Referentenstelle im Bereich "Antirassismus" nur für Kirchenmitglieder ausgeschrieben, so stelle dies eine unzulässige Benachteiligung konfessionsloser Bewerber dar. In dem am 28.05.2014 stattgefundenen Kammertermin im Berufungsverfahren vor dem LAG Berlin-Brandenburg wurde nach einem ersten mündlichen Bericht nunmehr wie folgt entschieden: Nach Auffassung des Gerichts waren zwei Punkte in diesem Verfahren wesentlich: Erstens die Frage, ob sich die Klägerin angesichts ihres Fachhochschulstudiums in einer vergleichbaren Situation mit den anderen Bewerbern befunden habe und zweitens, wenn ja, ob die Ungleichbehandlung nach § 9 AGG gerechtfertigt sei:

  1. Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Situation äußerste das Gericht Zweifel an der Auffassung des ArbG Berlin, welches diese noch angenommen hatte. Aus dem Wortlaut der Stellenausschreibung ergäbe sich nicht deutlich, dass auch eine andere Qualifikation unterhalb eines universitären Studiums ausreichend gewesen sei. Das Gericht ließ aber eine abschließende Bewertung offen.

  2. Schon der Wortlaut des § 9 AGG sei sehr deutlich, wenn eine Anforderung nach dem Selbstverständnis und dem Selbstbestimmungsrecht verlangt würde. Ein anderes Verständnis dahingehend, dass die Tätigkeit verkündigungsnah sein müsse, lasse sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Im Übrigen wäre § 9 AGG auch überflüssig, da wohl § 8 AGG schon eine solche Ungleichbehandlung erlaube. Die Richtlinie des Rates der EKD über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes vom 01. Juli 2005 sei Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Kirche. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 9 AGG - wie noch vom ArbG Berlin vorgenommen - sei nicht geboten, denn die Richtlinie selbst erlaube das vorbenannte Verständnis des § 9 AGG.

  3. Art. 4 der EU Richtlinie stelle auf den „Ethos“ der Organisation ab. Dies entspräche dem deutschen Selbstbestimmungsrecht. Einen Tätigkeitsbezug verlange Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG nicht. Auch hier wäre Art. 4 Abs. 2 als besondere Ausnahme überflüssig. Art. 17 AEUV sei dahingehend deutlich, dass der Status der Kirchen und ihrer Einrichtungen nach dem nationalen Recht unangetastet bleiben solle.

  4. Die Richtlinie des Rates der EKD über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes sehe vor, dass grundsätzlich evangelisch-christliche Mitarbeiter eingestellt werden sollen. Nur in Ausnahmefällen könne davon abgewichen, dann aber vorrangig zugunsten von Personen, die Mitglied einer ACK-Kirche seien. Erst danach könnten auch konfessionslose Mitarbeiter eingestellt werden. Das Gericht habe keine Zweifel daran, dass das EWDE die Richtlinie ernst nehme und auch die Stufenregelung spräche nicht dafür, dass die Anforderung der Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche nicht umgesetzt würde. Im Übrigen sei dieses selbst gesetzte Rechte von staatlichen Gerichten auch zu beachten.

Damit ist es wohl gelungen, die Entscheidung der ersten Instanz vollständig zu revidieren. Es bleibt abzuwarten, woran genau das Gericht die Klage hat scheitern lassen. Aufgrund der ausführlichen Anmerkungen des Gerichts zu § 9 AGG besteht die Hoffnung, dass es in der schriftlichen Begründung hierzu Stellung