11.9.2018

EuGH urteilt zur Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung

Zum am 11.09.2018 veröffentlichten Urteil in der Rechtssache C-68/17 ist eine Pressemeldung mit folgenden Überschriften veröffentlicht: Die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung nach Scheidung kann eine verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen. Die Anforderung an einen katholischen Chefarzt, den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten, erscheint nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung, worüber im vorliegenden Fall jedoch das deutsche Bundesarbeitsgericht zu befinden hat.

Der Fall, um den gestritten wurde, spielt in Düsseldorf: Der Chefarzt einer Abteilung für Innere Medizin eines katholischen Krankenhauses heiratet im August 2008 in zweiter Ehe eine ehemalige Assistenzärztin seiner Abteilung standesamtlich. Im März 2009 kündigt ihm die Klinik. Begründung: Der Chefarzt habe seine Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber, dem Erzbistum Köln, verletzt. Das Erzbistum erwartet von seinen Mitarbeitern laut Arbeitsvertrag, „dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten“. Eine Scheidung ist in der katholischen Glaubens- und Sittenlehre nicht vorgesehen. Eine zweite Ehe schon gar nicht. Der (ehemalige) Chefarzt reicht Klage gegen die Kündigung ein. Damit nimmt die Geschichte ihren Lauf. Die Arbeitsgerichte bis hin zum BAG geben ihm Recht. Doch dann ging der katholischen Krankenhausträger vor das Bundesverfassungsgericht, das anders, als die arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 2 BvR 661/12 dem katholischen Arbeitgeber Recht gab.

Das sieht der EuGH offensichtlich nicht genauso. Mit seinem Urteil vom 11.09.2018 stellt der Gerichtshof im Hinblick auf seine im April 2018 ergangene Entscheidung im Fall Egenberger (Urteil vom 17. April 2018, Egenberger, C‑414/16) insoweit zunächst nicht überraschend fest,

• dass der Beschluss einer Kirche oder einer anderen Organisation, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht und die eine (in Form einer privatrechtlichen Kapitalgesellschaft gegründete) Klinik betreibt, an ihre leitend tätigen Beschäftigten je nach deren Konfession oder Konfessionslosigkeit unterschiedliche Anforderungen an das loyale und aufrichtige Verhalten im Sinne dieses Ethos zu stellen, Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle sein können muss.

• Bei dieser Kontrolle müsse das nationale Gericht sicherstellen, dass die Religion oder die Weltanschauung im Hinblick auf die Art der betreffenden beruflichen Tätigkeiten oder die Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des fraglichen Ethos sei.