14.5.2020

DDN fordert Kostenübernahme für die Corona-Prämie in der Altenpflege durch Bund und Land

Gemeinnützige Träger sind schon aus Rechtsgründen nicht in der Lage, sich an der Finanzierung des „Pflegebonus“ zu beteiligen

Hannover, 14.05.2020

Der Bundestag beschließt heute die Anerkennungsprämie für Beschäftigte in der Altenpflege – nun wird über die Finanzierung diskutiert. Zwei Drittel der Kosten für die Prämie in Höhe von bis zu 1.500 Euro werden über die Pflegekassen finanziert. Das letzte Drittel sollen die Länder, hilfsweise die Arbeitgeber übernehmen, anderenfalls erhalten die Beschäftigten nur die vom Bund zugesicherten zwei Drittel der Prämie. Der Diakonische Dienstgeberverband Niedersachsen (DDN) lehnt die Kostenbeteiligung gemeinnütziger Altenpflegeeinrichtungen ab.

Der DDN begrüßt ausdrücklich die mit der Corona-Prämie zum Ausdruck gebrachte Anerkennung für alle in dieser Zeit unter besonderer Belastung stehenden Beschäftigen in Altenpflegeeinrichtungen. Gerade in der Corona-Krise wird offenbar, dass in systemrelevanten Arbeitsfeldern, wie zum Beispiel Lebensmittelmärkten oder Einrichtungen der Daseinsvorsorge, häufig die Beschäftigten strukturell unterbezahlt werden. In den sozialen Einrichtungen der Gesundheits- und Daseinsvorsorge sind das insbesondere die Beschäftigen in der Altenpflege, und deshalb ist es richtig, gerade ihnen in dieser außergewöhnlichen Situation eine besondere Anerkennung zu gewähren.

Beteiligung an den Kosten aufgrund des Gemeinnützigkeitsrechts nicht darstellbar

„Für die von uns vertretenen tarifgebundenen und gemeinnützig tätigen Pflegeunternehmen ist eine Beteiligung an den Kosten aber nicht darstellbar“, sagt Rüdiger Becker, Vorsitzender des DDN. „Sie unterliegen den strengen Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts, das heißt, sie müssen die für Pflegeleistungen eingenommenen Mittel zeitnah und zweckgebunden einsetzen. Sie können deshalb faktisch keine freien Rücklagen bilden, die zur Finanzierung eines Teils der Prämie verwendet werden könnten.“

Kein finanzieller Spielraum bei den Trägern im laufenden Geschäftsjahr

„Im laufenden Wirtschaftsjahr hätten die Träger gar keinen Spielraum für eine zusätzliche, aus eigenen Mitteln finanzierte Auszahlung“, ergänzt Robert Johns, Geschäftsführer des DDN. „Die Pflegesätze werden mit den Pflegekassen prospektiv verhandelt, sind mit Kosten hinterlegt und dürfen nur einen zukünftigen Pflegesatzzeitraum betreffen. Es kann nichts nachträglich verhandelt werden, und gerade in der ambulanten Pflege decken die zugebilligten Entgelte oftmals nicht die gesamten anfallenden Kosten. Bei gemeinnützigen Trägern entstehen regelmäßig keine Überschüsse, zumal die Kostenträger keine Finanzierung für das unternehmerische Risiko eine vorausschauend zu kalkulierende Preisvereinbarung zugestehen.“ Es sei deshalb falsch, bei den Beschäftigten die Erwartung zu wecken, dass ihre Arbeitgeber eine anteilige Zahlung der Corona-Prämie leisten könnten.

DDN fordert Niedersachsen auf, den nicht vom Bund finanzierten Anteil zumindest für gemeinnützige Einrichtungen zu übernehmen

Durch den Vorschlag der Kostenteilung über die Länder ist zudem schon jetzt der vom DDN befürchtete Flickenteppich an Regelungen entstanden: Bundesländer wie Bayern, Schleswig-Holstein und Hamburg hätten sich bereits Anfang April dazu bekannt, den Anteil komplett zu übernehmen, auch Berlin und Baden-Württemberg sowie zuletzt Bremen haben die Übernahme der Kosten inzwischen zugesagt. Der DDN fordert nun auch von der niedersächsischen Landesregierung eine schnellstmögliche Zusage. Zumindest für gemeinnützige Unternehmen sollte aus den genannten Gründen die vollständige Übernahme des sonst nicht gedeckten Finanzierungsanteils der Corona-Prämie durch das Land obligatorisch sein. „Die lange Diskussion um die Finanzierung des Pflegebonus’ ist ärgerlich“, sagt Rüdiger Becker. „Die Politik verspielt damit die Möglichkeit, ein positives Signal an die Beschäftigten auszusenden und sie damit für die weiterhin bestehenden besonderen Herausforderungen zu motivieren.“

Mehr Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche

Der DDN begrüßt in diesem Zusammenhang die Vorschläge für „Mehr PflegeKRAFT 2.0“ des Bevollmächtigten der Bundesregierung für Pflege, Andreas Westerfellhaus. Neben einer besseren Refinanzierung der anfallenden Kosten in der Pflege geht es darin unter anderem um den Ausbau der Selbstverwaltung, eine zügige Digitalisierung sowie die Heilkundeübertragung auf Fachkräfte. „Bei dieser einmalig auszuzahlenden Corona-Prämie darf es nämlich nicht bleiben“, so Rüdiger Becker. „Unser Ziel bleibt es, die Arbeitsbedingungen der strukturell unterbezahlten Beschäftigten in der Altenpflege nachhaltig zu verbessern und dadurch den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen. Deshalb werden wir uns auch weiterhin für eine durch Tarifvertrag verbindlich und dauerhaft gewährleistete Anhebung des Entgeltniveaus für diese wertvolle Arbeit einsetzen.“ Über die Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP), der der DDN angehört, werde man die bereits fortgeschrittenen Tarifverhandlungen mit Ver.di über einen Tarifvertrag so bald wie möglich wieder aufnehmen und weiterhin dessen Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch den Bundesarbeitsminister anstreben.

„Der Pflegeberuf verdient dauerhaft mehr Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen – nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie. Das erfordert dringend eine Reform des Refinanzierungskonzepts für Pflegeleistungen, damit höhere Aufwendungen für das Personal nicht von den Pflegebedürftigen bezahlt werden müssen“, fordert Rüdiger Becker.

Der Diakonische Dienstgeberverband Niedersachsen e.V. (DDN) ist der Arbeitgeberverband der im Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich tätigen Unternehmen der evangelischen Kirchen in Niedersachsen. Der DDN vertritt zurzeit 220 Mitglieder mit mehr als 39.000 Mitarbeitenden. Für diese führt er als kirchlicher Arbeitgeberverband die Tarifverhandlungen zum Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen (TV DN), berät seine Mitglieder in Fragen des Arbeitsrechts und vertritt ihre Arbeitgeberinteressen gegenüber Gewerkschaften, Politik und Öffentlichkeit.